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Tabus in Unternehmen

Verantwortlicher Autor: Prof. Dr. Richard Streich Paderborn, 16.06.2023, 11:36 Uhr
Presse-Ressort von: Prof. Dr. Richard K. Streich Bericht 7494x gelesen

Paderborn [ENA] Tabus beziehen sich auf stillschweigende Übereinkünfte in einer Unternehmenswirklichkeit und nicht auf ausdrücklich formulierte Gebote, Verbote oder offizielle Spielregeln. Tabus in Unternehmen sind allgegenwärtig und ein integraler Bestandteil der jeweiligen Unternehmenskultur. Die Unternehmenskultur beinhaltet dabei auch die langfristig entwickelten kollektiven Erwartungen des Unternehmens an Mitarbeiter.

Hierdurch wird der Handlungsspielraum von erwartetem und erwünschtem bzw. nicht erwünschtem Verhalten inkl. seinen Grenzen, Spielregeln und Sanktionsmechanismen definiert. Gewollte kulturelle Veränderungen sind demzufolge langfristig anzulegen und bedürfen vielfältiger, vernetzter Maßnahmen (vgl. Sackmann, 2017). Die vorzufindenden Tabus im Unternehmensgeschehen können klassifiziert werden in solche mit generellen und solche mit speziellen Wirkungsfeldern (vgl. Sailer/Mauder/Flesch, 2016, S. 25ff).

Generelle Tabus, bezogen auf das Gesamtunternehmen in diesem Sinne sind z.B.: Das Nichtstun-Tabu, d.h., wer beschäftigt ist, ist wichtig! / Das Entscheidungs-Tabu, d.h., Entscheidungen sind rational, nicht emotional zu treffen und zu begründen! / Das Gehalts-Tabu, d.h., über Geld spricht man nicht! / Das Experten-Tabu, d.h., Expertenwissen schafft Macht und Ansehen! / Das Erfahrungs-Tabu, d.h., die Dauer der Betriebszugehörigkeit zählt! / Das Feedback-Tabu, d.h., je höher in der Hierarchie, desto weniger ehrliches Feedback! / Das Seilschaften-Tabu, d.h., wer gehört zu wem ist wichtig! / Das Status-Tabu, d.h., gemeinsame Statussymbole verbinden!

Die speziellen Tabus in Unternehmen beziehen sich z.B. auf sozial gewünschte Verhaltensweisen gegenüber spezifischen Teilgruppen und Beziehungsfelder im Unternehmen. Aus Mitarbeiter-Perspektive sind besonders jene Tabus zu beachten, die Ihre Beziehung zu Ihrer Führungskraft betreffen (vgl. Lürssen, 2006, S. 193 ff.). In der Unternehmenswirklichkeit, können z.B. die folgenden „Tabugesetze“ relevant sein: Übergehen Sie nicht Ihre Führungskraft. / Beschweren Sie sich nicht über Ihre Führungskraft bei dessen Chef. / Reden Sie nicht schlecht über Ihre Führungskraft und stellen Sie sie nicht vor Anderen bloß. / Widersprechen Sie Ihrer Führungskraft nicht im Beisein von Anderen. / Seien Sie vorsichtig bei Kontakten zu Führungskraft-Feinden.

Ein Tabubruch bedeutet, dass soziale Normen und herrschende Vorstellungen öffentlich werden und Unausgesprochenes damit offiziell wird. Dabei ist es wahrscheinlich, dass je höher der Tabu-Brecher positioniert ist, desto geringer er sanktioniert wird. Tabus sind das „Schmiermittel“ für das Miteinander. Sie geben Sicherheit im gemeinsamen Umgang und sind für Außenstehende schlecht erfass- und interpretierbar. Neuen Mitarbeitern ist anzuraten, möglichst frühzeitig Kontakt aufzunehmen mit langjährigen Beschäftigten um die herrschenden Tabus zu erkennen, damit sie nicht schon frühzeitig auf dem Unternehmensparkett „ausrutschen“.

Literaturhinweise: Focus: Der Karriere-Knigge, 2012; Lürssen, J: Die heimlichen Spielregeln der Karriere, 2006; Quittschau, A./ Tabernig, C.: Business-Knigge, 2019; Sackmann, S.: Unternehmenskultur, 2017; Saller Th./ Mauder, S./Flesch, S: Tabu – Versteckte Regeln und ungeschriebene Gesetze in Organisationen, 2016. Streich, R.K. Tatort Unternehmen – Tretminen und Triebfedern im Berufsleben, 2. Auflage, 2023.

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