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Problematiken in der Führungsrolle

Verantwortlicher Autor: Prof. Dr. Richard Streich Paderborn, 01.09.2023, 12:04 Uhr
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Problematiken in der Führungsrolle
Problematiken in der Führungsrolle   Bild: Unbekannter Autor, lizenziert gemäß CCBY-SA

Paderborn [ENA] Gruppendiskussionen des Autors mit Führungskräften zeigen, dass die täglichen Sachaufgaben im Berufsalltag der Führungskraft oftmals notwendige Führungsaufgaben verdrängen. Führung im Sinne von partnerschaftlicher und konstruktiver Menschenführung versiegt.

Viele Führungskräfte haben zunächst ihre eigenen Ziele im Fokus, daneben nur bedingt im Sinne die Unternehmensziele mit zu wenig langfristigen Ausrichtungen. Hierdurch gerät der einzelne Mitarbeiter aus deren Blickfeld. Es ist somit nicht verwunderlich, dass einer Studie zur Folge (N = 356 Manager und Personaler) zwei von drei Managern sich nicht als Personalentwickler ihrer Mitarbeiter sehen und entsprechend nicht bereit sind, gute Mitarbeiter an Nachbarbereiche abzugeben, selbst wenn dies für die Mitarbeiter eine berufliche Weiterentwicklung bedeuten würde (Schwierz, 2014).

Allgemein ist ein wachsender objektiver (zum Beispiel durch laufende organisatorische und personelle Veränderungen) und subjektiver (zum Beispiel durch neue und höherwertige Rollenanforderungen) Problemdruck bei Führungskräften zu beobachten, der eine Führung im kooperativen Sinne erschwert. Gerade in Krisenzeiten entsteht eine „Flucht“ in ein mehr autoritäres Verhalten.

Hierarchische Macht wird als Problemlösung eingesetzt, in der Regel allerdings mit nur kurzzeitigem persönlichem und unternehmerischem Erfolg. Die oftmals beobachtbare, geringe Zeit für die Erledigung von Führungsaufgaben und verstärkte Hinwendung zu eher autoritärem Verhalten, wirken sich für den Manager mit steigender Hierarchiestufe qualitativ negativ aus. Denn: Je höher die Führungskraft innerhalb der betrieblichen Hierarchie aufsteigt, desto wichtiger wird Führungswissen.

Die Koordinationserfordernisse steigen und ein adäquater zwischenmenschlicher Umgang wird vermehrt verlangt. Hat der Manager in vorherigen Führungspositionen nicht die Chance gehabt, Führungswissen und -verhalten zu erlernen und sein eigenes Verhalten im Spiegel seines sozialen Umfeldes (zum Beispiel durch 360-Grad-Feedback) zu reflektieren, so mangelt es ihm an einem wichtigen Karrierefaktor für seinen nachhaltigen betrieblichen Aufstieg und zur Entwicklung einer Führungspersönlichkeit (Doppler, 2000; Scholz/Scholz, 2019; Wüthrich, 2020).

Je komplexer und damit auch unüberschaubarer Organisationen werden, desto stärker müssen Führungskräfte zielbezogenen und bewussten Einfluss auf die Mitarbeiter nehmen. Im Rahmen dieses Prozesses wird beidseitig – vielfach unbewusst – auch eine Werteerziehung betrieben. Während früher die zielbezogene Einflussnahme mehrheitlich in einer direktiven Form vollzogen wurde (die Führungskraft kannte die Ziele und Wege „besser“ als die Geführten), wandelt sich dies aufgrund der komplexer werdenden Anforderungen, die ein Mitarbeiter in seinem Verantwortungsbereich zu bewältigen hat (DGFP-Umfrage 2012; Wolf/Tiberius, 2018).

Ob die Führungsverantwortung für eine Führungskraft eher zu mehr Qualen oder Qualitäten im beruflichen Alltag führt, hängt nicht nur von den unternehmerischen Umfeldbedingungen und den strategischen, strukturellen und kulturellen Gegebenheiten der Unternehmung ab. Dies ist in starkem Maße beeinflusst davon, inwieweit das persönliche Handeln in der Führungsrolle wichtige zwischenmenschliche Erfolgsfaktoren umfasst. Literatur: DGFP-Umfrage: Führungskräfteentwicklung, 2012; Doppler: Der Change-Manager, Bd. 3, Reihe: Erfolgreich führen, 2000; Scholz/Scholz: Grundzüge des Personalmanagement, 3.Aufl., 2019; Schwierz, 2014, S.9; Wolf/Tiberius: Führungskompetenzen 2030, in: Weiterbildung, 1/2018, S. 30–33; Wüthrich: CARPRICCIO, 2020.

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